Februar 15, 2012

Foto: Anne-Kerstin Busch

Diesen Artikel möchte ich einem ganz besonderen Freund widmen, der mich vierzehn Jahre lang begleitet hat, bis heute. Dieser Freund war immer für mich da und bis zum Schluss habe ich gehofft, dass er mich auch noch weiterhin begleiten wird. Nein, es war kein Mensch, sondern ein Baum, ein Baum vor meinem Küchenfenster. Ich hätte ihn gerne noch weiter gehabt, aber andere Menschen meinten, es wäre Zeit, ihn abzusägen und seinem Leben ein Ende zu setzen.

Wie alles begann:

Vor 20 Jahren zog ich in meine erste Wohnung in Wiesbaden. Wohnung ist eigentlich zu viel gesagt, es war ein 35 m² kleines 1-Zimmer-Appartement. Vorher hatte ich eine Vision ein inneres Bild: „Eines Tages würde ich in einer Wohnung wohnen, wo ich einen großen, schönen Laubbaum vor dem Fenster haben würde.“ Dies war bei dem Appartement nicht der Fall und dennoch bin ich dorthin gezogen und lebte dort fünf Jahre.

Dann war es Zeit, weiter zu ziehen. In der Wohnung war es zu laut und sie war zu klein. Und so besichtigte ich mindestens 15 Wohnungen, bis ich eine geeignete Bleibe fand. Ich besichtigte mit Maklern, ohne Makler und schaute auf Aushänge in der Firma, in der ich damals arbeitete und noch immer arbeite. Ein Aushang dort brachte mich schließlich zu dieser Wohnung. Bei der Besichtigung sah ich ihn dann, den Baum vor dem Küchenfenster, und erinnerte mich wieder an meine Vision Jahre zuvor. Da wusste ich: Dies wird mein nächstes Zuhause. Und nun wohne ich fast 14 Jahre hier.

Den Baum habe ich in der Zeit liebgewonnen. Er war immer da, ganz gleich, ob ich morgens im Winter verschlafen in die aufgehende Sonne schaute oder ob er mir im heißen Sommer Schatten spendete. Manchmal setzte sich ein Vogel auf den Baum oder ein Eichhörnchen turnte auf seinem Stamm herum. Auch den wildesten Stürmen trotzte er immer.

Haben Sie sich schon mal überlegt, was so ein Baum alles aushält? Ist es nicht großartig, wie er wächst und gedeiht und allen Jahreszeiten mit ihren besonderen Herausforderungen standhält? Er ist einfach – ohne Wenn und Aber, ohne zu fordern, ohne zu diskutieren, er spendet den Tieren ein Zuhause, spendet Schatten und zeigt, dass es auch noch Leben zwischen all dem Beton in einer Großstadt gibt.  .

Vor ein paar Monaten kamen ein paar Entscheidungsträger hier in der Wohnanlage auf die Idee, man könnte doch mal ein paar Bäume abholzen. Sicher, manchmal ist es notwendig und ich weiß auch nicht, ob es bei meinem Freund notwendig war. Aber er war gesund und stark und wunderschön.  Bis heute, da wurde er leider abgesägt und seinem Leben wurde jäh ein Ende gesetzt. Als ich heute nach Hause kam, stand an seiner Stelle nur ein großer Baumstumpf.

Ich werde ihn nie vergessen, meinen ganz besonderen Freund, den Baum vor meinem Küchenfenster, und bedanke mich für die gemeinsame Zeit, die wir hatten.

 

 

About the author 

Anne-Kerstin

Mein Name ist Anne-Kerstin Busch. Ich inspiriere dich, deine Einzigartigkeit zu finden und auf den Punkt zu bringen. Außerdem unterstütze ich dich beim Schreiben deiner Business-Story. Geschichten bleiben im Gedächtnis und zeigen, was dich einzigartig macht! Auch, wenn du deinen Ratgeber oder dein Expertenbuch schreiben willst, bist du bei mir richtig.

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  1. Hallo, lieber Gerry,

    ich freue mich, dass du diesen Artikel gelesen hast und danke für deinen Kommentar, vor allem, weil du ja „vom Fach“ bist, also beruflich mitbekommen hast, wenn Bäume gefällt werden mussten.

    Wunderschön finde ich die Regelung bei euch in der Stadt, dass jeder, der einen Baum fällt, etwas Neues dafür pflanzen muss. Man sorgt quasi wieder für neues „natürliches Leben“ in der Stadt, man schenkt neues Leben und schafft einen Ausgleich.

    Ich habe neulich gehört, dass das von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich gehandhabt wird, sogar auch, ab wann man einen Baum nicht mehr fällen darf, weil er zu groß ist. Hier bei uns darf man – soweit man mir das erzählt hat – Bäume nur bis zu einem bestimmten Durchmesser fällen. Ist auch seltsam, oder?

    Die Regelung, die ihr habt, halte ich für sehr sinnvoll. Diese Regelung sollte es meiner Meinung nach überall geben. 🙂

    Herzliche Grüße
    Anne

  2. Liebe Frieda,

    ganz herzlichen Dank für den berührenden aber auch herzerfrischenden Kommentar. Es macht das Herz warm, dass ich auf diesen Artikel so viele Kommentare bekommen habe von Menschen, die Bäume lieben und achten und sie wie ich auch als etwas Lebendiges sehen und dass sie genauso traurig sind, wenn ein Baum, den man irgendwie liebgewonnen hat, gefällt werden muss.

    Mir hilft es, zu erfahren, dass es dir ähnlich gegangen ist und dass es dir auch weh getan hat. Deinen Artikel fand ich übrigens ganz toll. Auch, wenn es den Bäumen, die gefällt wurden, nichts mehr nützt, so wird doch vielleicht der eine oder andere unsere Artikel lesen und nachdenklich werden, jedenfalls hoffe ich das. Wieso sollte der Samen für ein Umdenken in der Welt nicht auch ein Blogartikel sein? Alles beginnt mit dem ersten Schritt.

    Vielen Dank, dass du geschrieben hast, dass du meinen Artikel über Twitter gefunden hast. Gerade heute habe ich mich gefragt…Wenn ich doch nur wüsste, woher die Menschen kommen, die meinen Blog lesen, die ich aber (noch) nicht persönlich kenne. 🙂

    Herzliche Grüße
    Anne-Kerstin

  3. Hallo Anne,
    schön deine Geschichte und die vielen tröstenden Kommentare dazu.
    Aus meiner Tätigkeit im Tiefbauamt unserer Stadt weiß ich, wenn Bäume gefällt werden müssen, egal aus welchen Gründen, dann müssen vom Verursacher Ersatzpflanzungen vorgenommen werden. Mag sein, dass das nur in der Satzung unserer Stadt so geregelt ist. Aber ich finde, es sollte in allen Städten so gehandhabt werden.
    Liebe Grüße- Gerry.

  4. Hallo Anne-Kerstin,

    oh je, ja, das kenne ich auch… Ganz furchtbar. Hier im Ort habe ich schon den Eindruck, dass die Leute irgendwie zwanghaft scharf darauf sind, Bäume abzuhacken. Sogar ein riesiger Mammutbaum schräg gegenüber – ich hab’s zum besseren Verarbeitenkönnen auch mal im Blog beschrieben (hier: http://blog.tantefrieda.org/?p=1084 ). Nun klafft auch dort eine riesen Lücke. Sogar in unserem Garten wurde munter gehackt – trotz unseres Protestes. Die Dame, die „dort den Garten macht“ (und aus unserer Miete dafür sogar noch Anteile bekommt für die Garten“pflege“!!) befand ihre Küche für „zu dunkel“, also wurde gehackt…. Dummerweise ist nicht der Baum schuld für die Dunkelheit in ihrer Küche, sondern unser Balkon!!! Aber in Physik ist sie anscheinend genauso wenig gebildet wie auch ansonsten. An anderer Stelle wurde ein wunderschöner, großer Blutahorn (oder soetwas?) abgehackt – der Grund? Das „anstrengende Laubfegen“. Man, man, man….. Das ist wirklich kaum glaubbar.
    Oh man, ich darf nicht weiter drüber nachdenken, sonst krieg ich wieder Zustände ;-D

    Auf jeden Fall lieb ich Bäume sehr, sie sind für mich u.a. auch eine Art Orientierungspunkt, eben etwas Unverrückbares – wenn dann einfach gehackt wird, ist es so, als würde jemand einfach Wände wegschieben oder den ganzen Erdboden. Auch sind sie ja was Lebendiges und haben was von einem „großen Beschützer“.

    Soviel mal dazu
    (hab deinen Blogbeitrag grad über Twitter aufgestöbert 😉 ),
    Grüsse von frieda

  5. Liebe Walburga,

    ganz herzlichen Dank für deinen wunderschönen Kommentar und deine tröstenden Worte. Ich finde es so wunderbar, dass ihr euch dafür entschieden habt, zwei junge Bäume zu pflanzen. 🙂

    Das mit dem Weltgeschichtentag finde ich toll. Und dass es dann auch noch das Motto „Bäume“ ist diesmal, finde ich spannend. Es berührt mich, wenn du meine Erinnerung an meinen Baum in deinen Auftritt einfließen lassen möchtest. Sehr gerne darfst du das.

    Herzliche Grüße
    Anne

  6. Liebe Anne-Kerstin,
    vielleicht tröstet es Dich, dass wir (der Heimatverein) in unserem kleinen 180-Seelen-Dorf … obwohl wir schon von Wald umgeben sind … in diesem Jahr noch zwei schon kräftige Bäume pflanzen wollen. Wir werden damit natürliche Rastplätze für die Greifvögel auf den Wiesen am Hang schaffen (Damit sie sich nicht immer auf die Ruhebänke an den Höhen setzen und diese beschmutzen). Die Abstimmung im Vorstand war knapp. Man hätte auch nur einfache Sitzstangen aufstellen können … nun wird es sogar eine Kombination aus beiden Möglichkeiten.

    Und … am 20.03. ist Weltgeschichtentag. Das Motto dieses Jahr ist „Bäume“. Ich werde die Erinnerung an Deinen Baum in meinen Auftritt einfließen lassen.

    Liebe Grüße

    Walburga

  7. Liebe Connie,

    ganz herzlichen Dank für deinen wunderbaren Kommentar. Es berührt mich, dass du auch so empfindest wie ich und es tröstet mich.

    Ich bin dankbar dafür, dass du hier auch so offen über deine Empfindungen schreibst, als eure beiden Bäume gefällt wurden. Und ich finde es wunderbar zu wissen, dass es Menschen gibt wie du und ich, die Liebe empfinden für Bäume und denen so manch ein Baum ans Herz wächst. Das halte ich auf jeden Fall für besser, als wenn man die Bäume nur als Sache behandelt und sie gar nicht wertschätzt, als das was sie sind: Eine Lebensform, in der sich der göttliche Geist ausdrückt oder der Schamane würde vielleicht sagen der Große Geist.

    Herzliche Grüße
    Anne

  8. Liebe Anne,

    ich glaube, ich kann das nachempfinden. So ähnlich habe ich einige Bäume sterben sehen. In meinen Kindertagen stand auf dem Nachbargrundstück eine riesengroße Kastanie. Sie hatte die Form eines großen Schirmes. Dann wurde die Straße neu gebaut … Ich konnte es nicht fassen.

    Unser eigenes Grundstück war früher von riesigen Bäumen umrahmt. Fichten, Tannen, Lerchen, Birken, und eine besonders große Fichte, die von uns Kindern als „Indianerzelt“ benutzt wurde, weil sie tatsächlich unten genau diese Form hatte. Das war mein Lieblingsbaum.
    Irgendwann waren meinem Vater die Bäume zu hoch …

    Manch einer mag das banal finden – „so ist das Leben“ …

    Tröstende Grüße,
    Uta

  9. Liebe Anne-Kerstin,

    ich kann deine Empfindungen sehr gut nachempfinden. Auch wir hatten auf unserem Grundstück zwei schöne Bäume, die eines Tages gefällt wurden. Vor allem, weil bei jedem Sturm die Nachbarn Angst hatten, dass sie auf ihr Haus fallen könnten. Irgendwann haben wir dann dem Druck nachgegeben und haben sie gefällt. Einer der fürchterlichsten Tage… Ich habe geheult wie ein Schloßhund!
    So viele Jahre gewachsen und dann in nullkommanix abgeholzt. Ich kann dich so verstehen!

    Liebe Grüße

    Connie

  10. Liebe Uta,

    ganz herzlichen Dank für deinen wunderbaren und tröstenden Kommentar. Mir hilft es, wenn ich weiß, dass es – neben den vielen Menschen, die nicht so empfinden und für die ein Baum nur eine „Sache“ ist – auch Menschen wie dich gibt, die genauso empfinden, wie ich.

    Es ist wunderschön, was du über die Bäume aus deinen Kindertagen schreibst, wie ihr sie geliebt habt und was sie für euch bedeutet haben. Ich finde es sehr wertvoll, wenn ich weiß, dass es „da draußen“ Menschen gibt, die ähnlich empfinden wie ich. Dafür danke ich dir.

    Mir hat es geholfen, dass ich meinem Baum-Freund einen Blog-Artikel gewidmet habe. Es hat mir in sofern geholfen, dass ich meine Trauer darüber, dass er nicht mehr da ist, auf meine einzigartige Art und Weise ausdrücken durfte und mit der Welt teilen durfte. Ja, manch einer würde vielleicht sagen „So ein Quatsch!“ Aber wir sind zum Glück nicht „Manch einer“… 🙂

    Herzlichen Dank noch mal, dass du mich heute Abend so liebevoll getröstet hast mit deinem Kommentar.

    Liebe Grüße
    Anne

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